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KrönchenCenter – was hinter Siegens bekannten 4 Giebeln steckt

Sie stehen unter Denkmalschutz und sind stadtbildprägender Teil der Oberstadt. Sie haben, wenngleich nur knapp, zwei Weltkriege überstanden und sind Teil der kunstvoll gearbeiteten Sandsteinfassade aus dem Reformstil zwischen Jugendstil und Expressionismus. Und sie stehen für knapp 100 Jahre Kaufhausgeschichte. Die Rede ist von den vier steinernen Zwerchgiebeln des KrönchenCenters direkt am Marktplatz gegenüber dem Rathaus. Sie erzählen spannende Geschichten über Siegen, den beginnenden Kaufhaus-Boom Ende des 19. Jh. und das Ende der klassischen Kaufhaus-Kultur Ende des 20. Jh.

Die Anfänge der Siegener Kaufhaus-Kultur

Als 1852 der französische Händler Aristide Boucicaut das erste Warenhaus der Welt eröffnet, wird es schnell zum Magnet für die Pariser Bevölkerung. Es ist der Beginn des Siegeszugs der „Kathedralen des Handels“ in Europa. In Deutschland gründen 1875 die jüdischen Kaufleute Georg Wertheim und Leonhard Tietz das erste, noch sehr bescheidene, Kaufhaus in Stralsund. Schnell werden die beiden zu zentralen Figuren der deutschen Kaufhausgeschichte, die 1928 in Siegen das Kaufhaus Tietz eröffnen. Schon vorher wurde in der Oberstadt eifrig gehandelt: 1899 eröffneten Arnold Plaut und Karl Daniel im Haus Markt Nr. 19 das erste „moderne Waarenhaus“, das laut Stadtchronik die Siegener Bürger scharenweise in die Oberstadt zog. 1927 verkauften sie ihre Häuser an die Leonard Tietz AG. Nach dem Abriss entstand hier ein für die Zeit hochmodernes Kaufhaus mit riesigen Schaufenstern im großstädtischen Stil und der ersten Nachtbeleuchtung, die Siegen jemals gesehen hatte. Bereits vor der Eröffnung am 4. Oktober 1928 tummelten sich hier unzählige Kaufwillige, um den Neubau und das für die Zeit gigantische Warensortiment zu bestaunen.

Enteignung und Zerstörung

Eine Verkaufsfläche von 3.300 m² und eine 27 m lange Front mit sechs riesigen Schaufenstern zogen unzählige Siegener und Besucher zum Marktplatz. Bis 1933, als der Konzern des jüdischen Leonard Tietz von der nationalsozialistischen Regierung enteignet wurde. Nach dem Bombenhagel auf Siegen 1944 stand nur noch das „Gerippe“ samt Fassade des Kaufhauses. Ende 1945 war die Zerstörung noch allgegenwärtig, aber immerhin öffnete Anfang Dezember erneut ein einfacher Laden auf etwa 300 m². Nach langen Aufbauarbeiten konnten ab 1952 auch wieder die Obergeschosse in Betrieb genommen werden und hinter den steinernen Zwerchgiebeln rekonstruierten Fachleute das originalgetreue Schieferdach. Das Kaufhaus wuchs wieder.  

Kommunales Kulturkaufhaus

Trotz zahlreicher Investitionen und Umbauten in den 1990er-Jahren schloss das Traditionshaus nach der Fusion von Kaufhof AG und Metro AG am 30. September 1999 seine Pforten. Die Zeit der Kaufhaus-Kultur schien unwiederbringlich vorbei. Außerdem zog es die Siegener nun in die Unterstadt mit im Jahr zuvor eröffneten City-Galerie. Das heutige KrönchenCenter blieb bis 2007 gänzlich ungenutzt. Im Februar kam neues Leben hinter die historische Fassade. Das Konzept des kommunalen Kulturkaufhauses startete und eine bunte Vielfalt an Einrichtungen zog ein: Im Erdgeschoss greifen Gastronomie und Einzelhandel die Kaufhaustradition auf und in den drei Etagen darüber sind Volkshochschule, Stadtbücherei und Stadtarchiv untergebracht.
Übrigens: Der Name „KrönchenCenter“ erhielt das Kulturkaufhaus 2007 im Rahmen einer Umfrage von Siegener Bürgerinnen und Bürgern höchstpersönlich.

Weitere Infos unter: https://www.outdooractive.com